Humboldt-Universität zu Berlin - Alte Geschichte

2011-12

Prof. Dr. Aloys Winterling - Lehre im Wintersemester 2011/12

Im Wintersemester 2011/12 biete ich eine Vorlesung, eine Übung, zwei Haupseminare und (zusammen mit Claudia Tiersch und Tanja Itgenshorst) ein Colloquium an. Details und wichtige organisatorische Hinweise finden sie durch Anklicken der Veranstaltung in der nachstehenden Liste:


51101 Vorlesung

Einführung in die Alte Geschichte

montags, 12-14 Uhr, in INV 42 H9

Kommentar

Entsprechend den Bedeutungen des Wortes „Geschichte“ ist die Vorlesung in drei Teile geteilt:
1. geht es um das vergangene Geschehen, um einen Überblick über die wichtigsten Strukturen und Institutionen, Prozesse und Ereignisse der griechisch-römischen Antike (ca. 1000 v. Chr. –500 n. Chr.).
2. geht es um Alte Geschichte als gegenwärtige Wissenschaft von der antiken Vergangenheit. Hier werden zentrale geschichtswissenschaftliche Fragestellungen, Begriffe, Methoden und Theorien erläutert, die es ermöglichen gesichertes Wissen über die Antike herzustellen.
3. geht es um Alte Geschichte als ausdifferenziertes, spezialisiertes Teilfach der Geschichtswissenschaft. Dazu werden im Überblick behandelt: die wichtigsten aus der Antike überlieferten Quellengattungen und der Umgang mit ihnen, die Grundzüge der Geschichte der Alten Geschichte seit der Renaissance, schließlich die wichtigsten fachspezifischen Informationsmöglichkeiten zur griechisch-römischen Antike (Einführungen, Lexika, Handbücher, Bibliographien) in gedruckter und in digitaler Form. Abschließend soll das Problem der Konstruktivität historischen Wissens erörtert und eine Antwort auf die Frage versucht werden: Welchen Sinn hat es, sich gegenwärtig mit der antiken Geschichte zu beschäftigen?

Literatur

Allgemein: Eckhard Wirbelauer (Hg.), Oldenbourg Geschichte Lehrbuch Antike, München 2004.
Zu Teil 1: Hans-Joachim Gehrke, Kleine Geschichte der Antike, München 1999; Alfred Heuß, Hellas, Propyläen Weltgeschichte, Bd. 3, Berlin 1962, 69-400; ders., Römische Geschichte, 6. Aufl., Paderborn u.a. 1998.
Zu Teil 2: Dieter Timpe, Alte Geschichte und die Fragestellung der Soziologie, in: HZ 213, 1971, 1-12; Reinhart Koselleck, ‘Erfahrungsraum’ und ‘Erwartungshorizont’ – zwei historische Kategorien [1975], in: ders., Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten, Frankfurt am Main 1979.
Zu Teil 3: Hartmut Blum, Reinhard Wolters, Alte Geschichte studieren, Konstanz 2006.
Zur Schlussfrage: Christian Meier, Was soll uns heute noch die Alte Geschichte?, in: Wilfried Nippel (Hg.), Über das Studium der Alten Geschichte, München 1993, 323-352; Aloys Winterling, Über den Sinn der Beschäftigung mit der antiken Geschichte, in: Jörn Rüsen u.a. (Hg.), Sinn (in) der Antike. Orientierungssysteme, Leitbilder und Wertkonzepte im Altertum, Mainz 2003, 403-419.


51124 Übung

Lektüre zentraler Texte zur Historischen Anthropologie

dienstags, 16-18 Uhr, in FRS 5061

Kommentar

Was heißt Historische Anthropologie? In der Übung sollen anhand der gemeinsamen Lektüre und Diskussion zentraler, forschungsgeschichtlich folgenreicher Texte der letzten Jahrzehnte die Fragestellungen, methodischen Vorgehensweisen und theoretischen Konzeptionen derjenigen Forschungsrichtungen analysiert werden, die für sich erfolgreich diese Bezeichnung in Anspruch genommen haben oder damit versehen worden sind. Ein besonderes Interesse wird dabei der Herausarbeitung der Differenzen der verschiedenen Ansätze, ein zweites der jeweiligen Reflexion und theoretischen Konzeption der Kategorie „Mensch“ gelten. Das mögliche Profil einer Historischen Anthropologie gegenüber anderen neueren kulturhistorischen Forschungsansätzen soll im Anschluss daran anhand konkreter Fallstudien bestimmt werden.

Literatur

Thomas Nipperdey, Bemerkungen zum Problem einer historischen Anthropologie, in: Festschrift S. Moser, Meisenheim 1967, 350-370; Jochen Martin, Der Wandel des Beständigen. Überlegungen zu einer historischen Anthropologie, in: Freiburger Universitätsblätter 33 (126), 1994, 35-46 (diese und weitere zentrale Aufsätze sind wiederabgedruckt in dem von mir herausgegebenen Reader: Historische Anthropologie [Basistexte Geschichte, Bd. 1], Stuttgart 2006); Hans Süssmuth (Hg.), Historische Anthropologie. Der Mensch in der Geschichte, Göttingen 1984; Gert Dressel, Historische Anthropologie. Eine Einführung, Wien u.a. 1996; ders., Bernhard Rathmayr (Hg.), Mensch - Gesellschaft - Wissenschaft. Versuche einer Reflexiven Historischen Anthropologie, Innsbruck 1999, 245-276;  Jakob Tanner, Historische Anthropologie. Zur Einführung, Hamburg 2004 (2. Aufl. 2008); Aloys Winterling, Begriffe, Ansätze und Aussichten Historischer Anthropologie, in: ders. (Hg.), Historische Anthropologie, Stuttgart 2006, 9-29.


51131 Hauptseminar

Seneca: Apocolocyntosis


montags, 16-18 Uhr, in FRS 5008

Kommentar

„O je, ich glaube ich habe mich beschissen.“ Das sollen die letzten Worte des Kaisers Claudius gewesen sein, der von seiner Gattin Agrippina durch ein vergiftetes Pilzgericht ermordet wurde. Jedenfalls nach Angabe der Seneca zugerechneten satirischen „Verkürbissung“ des Kaisers, einer Spott- und Schmähschrift, die kurz nach seinem Tode in aristokratischen Zirkeln Roms kreiste, die neben verständlichen auch verschiedene heute nicht mehr verständliche Witze über den Kaiser reißt und die dabei alle diejenigen Ereignisse der Herrschaft des Claudius Revue passieren lässt, die Hass und Verachtung in der senatorischen Aristokratie Roms erregten. Ziel des Seminar ist, die wichtigsten, in der Apocolocyntosis kritisierten Sachverhalte und Ereignisse der Regierungszeit des Kaisers Claudius (41-54 n. Chr.) zu rekonstruieren und die Schrift selbst als Dokument des Verhältnisses von Kaiser und Aristokratie im frühen römischen Prinzipat zu analysieren.

Literatur

L. Annaeus Seneca, Apokolokyntosis, lat.-dt., hg. und übers. von Gerhard Binder, Düsseldorf, Zürich 1999; Hermann Horstkotte, Die politische Zielsetzung von Senecas Apocolocyntosis, in: Athenaeum 73, 1985, 337-358; Josiah Osgood, Claudius Caesar. Image and Power in the Early Roman Empire, Cambridge u.a. 2011; Christian Ronning, Zwischen ratio und Wahn. Caligula, Claudius und Nero in der altertumswissenschaftlichen Forschung, in: Aloys Winterling (Hg.), Zwischen Strukturgeschichte und Biographie. Probleme und Perspektiven einer neuen Römischen Kaisergeschichte (31 v. Chr. - 192 n. Chr.), München 2011, 253-276; Friedrich Vittinghoff, Soziale Struktur und politisches System in der hohen römischen Kaiserzeit [1980], in: ders., Civitas Romana. Stadt und politisch-soziale Integration im Imperium Romanum der Kaiserzeit, Stuttgart 1994, 253-271; Aloys Winterling, ‘Staat’, ‘Gesellschaft’ und politische Integration in der römischen Kaiserzeit, in: Klio 83, 2001, 93-112.


51132 Hauptseminar

Cassius Dios Römische Geschichte


dienstags, 12-14 Uhr, in FRS 5007

Kommentar

Cassius Dio, ein aus Bithynien stammender „römischer Grieche“, der im Jahre 229 n. Chr. zum zweiten Mal in Rom das Konsulat bekleidete, verfasste auf Griechisch eine umfangreiche Römische Geschichte von den Anfängen der Stadt bis in seine Gegenwart. Sie ist eine der wichtigsten historiographischen Quellen zur römischen Geschichte. Im Seminar sollen Dios Schilderungen und Deutungen zentraler Strukturen und Ereignisse der römischen Geschichte in Republik und Kaiserzeit den gegenwärtigen Sichtweisen der Forschung gegenübergestellt und analysiert werden. Dazu sind traditionelle Fragen der Quellenkritik (Worauf basieren Dios Informationen? Inwieweit beeinflusste seine eigene politische Position seine Deutungen der Vergangenheit?) und neuere kulturgeschichtliche Fragen nach der Semantik gesellschaftlicher Selbstbeschreibung und nach der historisch variablen Komplexität von Zeithorizonten zu stellen. Das Seminar soll damit einerseits den methodisch reflektierten, kritischen Umgang mit antiken Quellen einüben, andererseits einen Überblick über die römische Geschichte bis in die severische Zeit vermitteln. Teilnahmevoraussetzung ist die Bereitschaft, das griechische Alphabet zu erlernen.

Literatur

Eduard Schwartz, Cassius 40, in: RE 3, 2, 1899, 1684-1722; Fergus Millar, A Study of Cassius Dio, Oxford 1964; Benedikt Simons, Cassius Dio und die Römische Republik. Untersuchungen zum Bild des römischen Gemeinwesens in den Büchern 3-35 der Ρωμαϊκά, Ber-lin, New York 2009; Jochen Bleicken, Der politische Standpunkt Dios gegenüber der Monarchie. Die Rede des Maecenas Buch 52, 14-40 [1962], in: ders., Gesammelte Schriften, Bd. 2, Stuttgart 1998, 876-899; Walter Ameling, Griechische Intellektuelle und das Imperium Romanum. Das Beispiel Cassius Dio, in: ANRW 2, 34, 3, 1997, 2472-2499; Manfred G. Schmidt, Die ‘zeitgeschichtlichen’ Bücher im Werke des Cassius Dio – von Commodus zu Severus Alexander, in: ANRW 2, 34, 3, 1997, 2591-2649; Martin Hose, Der Kaiser und seine Begrenzung durch die antike Literatur. Betrachtungen zu Cassius Dio, in: Aloys Winterling (Hg.), Zwischen Strukturgeschichte und Biographie. Probleme und Perspektiven einer neuen Römischen Kaisergeschichte (31 v. Chr. - 192 n. Chr.), München 2011, 113-124; Marie-Laure Freyburger-Galland, Aspects du vocabulaire politique et institutionnel de Dion Cassius, Paris 1997.


51135 Colloquium

Aktuelle Forschungsprobleme der Alten Geschichte

mittwochs, 18.15-20.30 Uhr, in FRS 5007
(zusammen mit Prof. Dr. Claudia Tiersch und PD Dr. Tanja Itgenshorst)

Kommentar

Das Kolloquium bietet ein Forum der Diskussion aktueller Fragen althistorischer Forschung und der Erörterung disziplingeschichtlicher Probleme. Diskussionen von Neuerscheinungen, Vorstellungen von Arbeitsvorhaben und anderes werden sich abwechseln. Das Kolloquium steht allen an althistorischen Fragen Interessierten offen; die Teilnahme auch von Studierenden jüngerer Semester ist ausdrücklich erwünscht.
Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Das Kolloquium finden Sie auch im KVV (Agnes) unter 51135. Es ist anrechenbar im BA- und Masterstudiengang Geschichte mit 3 Studienpunkten (SP) in den Modulen B-06 und M-06.