Humboldt-Universität zu Berlin - Alte Geschichte

Prof. Dr. Aloys Winterling: Start - Publikationen - Kurzvita - Lehre


Lehre im Sommersemester 2014

Im Sommersemester 2014 biete ich eine Vorlesung, zwei Übungen (davon eine gemeinsam mit Camilla Campedelli), ein Masterseminar, ein Forschungsseminar und (zusammen mit Claudia Tiersch und Wilfreid Nippel) ein Colloquium an. Details und wichtige organisatorische Hinweise finden sie durch Anklicken der Veranstaltung in der nachstehenden Liste:


51103 Vorlesung

Geschichte der römischen Kaiser von Caesar bis Domitian

Mittwochs, 14-16 Uhr

FRS 191, 5009

Tiberius zog sich jahrelang auf die Insel Capri zurück und ging dort sexuellen Ausschweifungen nach; Caligula wollte sein Pferd zum Konsul machen und verschwendete in kurzer Zeit das gesamte kaiserliche Vermögen für exzentrische Bauprojekte; Nero trat in der Arena als Sänger auf und plante, den gesamten Senat bei einem Gastmahl zu vergiften; Domitian terrorisierte die Aristokratie durch "Leichenmähler" in schwarz ausstaffierten Palasträumen: Geschichten wie diese, die die antiken Quellenberichte (und das moderne Allgemeinwissen) über die römischen Kaiser prägen, sind in der althistorischen Forschung in systematischen Zusammenhängen lange Zeit unbeachtet geblieben. Die sprichwörtlichen "Zustände im Alten Rom" erschienen als marginalisierbare Störungen im geregelten Betrieb kaiserlicher Regierungstätigkeit. Die Vorlesung versucht, ausgehend von einer Strukturanalyse der kaiserlichen Position im Spannungsfeld zwischen militärisch begründeter Allmacht und gesellschaftsstrukturell bedingtem Kooperationszwang mit der Aristokratie, den Realitätsgehalt der senatorisch-ritterlichen Kaiserbiographien zu klären, die individuellen Besonderheiten der Kaiser zu rekonstruieren und die Systemlogik des "Caesarenwahns" einiger von ihnen dem historischen Verständnis näher zu bringen.

Literaturhinweise:

Ludwig Friedländer, Darstellungen aus der Sittengeschichte Roms in der Zeit von Augustus bis zum Ausgang der Antonine, 4 Bde., 10. Aufl., Leipzig 1921-1923; Alfred von Domaszewski, Geschichte der römischen Kaiser, 2. Aufl., Leipzig 1914; Albert Esser, Caesar und die julisch-claudischen Kaiser im biologisch-ärztlichen Blickfeld, Leiden 1958; Alfred Heuß, Römische Geschichte, 6. Aufl., Paderborn u.a. 1998; Fergus Millar, The Emperor in the Roman World (31 B.C. - A.D. 337), 2. Aufl., London 1992; Aloys Winterling, Caligula. Eine Biographie, München 2003 (u.ö.); ders., Cäsarenwahnsinn im Alten Rom, in: Jahrbuch des Historischen Kollegs 2007, München 2008, 115-139; ders. (Hg.), Zwischen Strukturgeschichte und Biographie. Probleme und Perspektiven einer neuen Römischen Kaisergeschichte. 31 v. Chr. - 192 n. Chr., München 2011.


51106 Übung (gemeinsam mit Dr. Camilla Campedelli)

Lektüre und Interpretation ausgewählter Quellen zur römischen Kaisergeschichte

Donnerstags, 14-16 Uhr

FRS191, 4031

Die historiographische Überlieferung zu den römischen Kaisern des 1. Jh.s ist zwar verhältnismäßig umfangreich, zugleich aber tendenziös und fast ausschließlich aus senatorischem, kaiserfeindlichem Blickwinkel geschrieben. Bei den inschriftlichen Quellen handelt es sich dagegen um zeitgenössische offizielle, kaiserliche oder auch senatorische, Selbstdeutungen oder Dokumentationen, die in anderen Kontexten entstandenen sind und die daher ein wichtiges Korrektiv zur aristokratischen Geschichtsschreibung bieten. Nach einer Übersicht über die wichtigsten literarischen und epigraphischen Quellen zur römischen Kaisergeschichte werden wir zentrale, in beiden Gattungen überlieferte Sachverhalte im Vergleich analysieren: z.B. die Stellung des Augustus in der Historiographie und in seinem Tatenbericht, die – bei Tacitus zitierte und auf einer Bronzetafel überlieferte – Rede des Kaisers Claudius über die Aufnahme von Galliern in den Senat, die Stellung des Kaisers Vespasian in den literarischen Quellen und in der lex de impeio Vespasiani. Ein weiteres Interesse wird den von der Forschung v.a. auf der Basis inschriftlicher Quellen ermittelten sozialgeschichtlichen Veränderungen des kaiserzeitlichen Senatorenstandes und ihrer Spiegelung in der kaiserfeindlichen literarischen Überlieferung gelten.

Gewisse Kenntnisse der lateinischen Sprache werden von den Teilnehmern/innen erwartet.

 

Literaturhinweise:

Andreas Mehl, Römische Geschichtsschreibung, Stuttgart 2001; Andrew Feldherr (Hg.), The Cambridge Companion to the Roman Historians, Cambridge 2009; Konrad Heldmann, Sine ira et studio. Das Subjektivitätsprinzip der römischen Geschichtsschreibung und das Selbstverständnis antiker Historiker, München 2011; Ernst Meyer, Einführung in die lateinische Epigraphik, Darmstadt 1983; R. Cagnat, Cours d´épigraphie latine, 4. Aufl., Paris 1914; Historische Inschriften zur römischen Kaiserzeit, übers. und hrsg. v. Helmut Freis, Darmstadt 1984; Römische Inschriften, lat./dt., hrsg. v. Leonhard Schumacher, Stuttgart 1988; Manfred G. Schmidt, Einführung in die lateinische Epigraphik, Darmstadt 2004; Christian Witschel, Der Kaiser und die Inschriften, in: Aloys Winterling (Hg.), Zwischen Strukturgeschichte und Biographie. Probleme und Perspektiven einer neuen Römischen Kaisergeschichte. 31 v. Chr. - 192 n. Chr., München 2011, 45-112.


51109 Übung

Theorien der Historischen Anthropologie

 

Montags, 14-16 Uhr  

FRS 191, 4031

„Historische Anthropologie“ ist ein vieldeutig verwandtes Etikett in der deutschen und internationalen Geschichtswissenschaft. Die Übung wendet sich an geschichtstheoretisch interessierte Studierende. Ihr Ziel ist, unterschiedliche Ansätze Historischer Anthropologie kritisch vergleichend zu analysieren und das bislang unterschätzte Potential eines von Ihnen auszuloten: Einer Historischen Anthropologie, die sich mit der Historisierung scheinbar metahistorischer, naturaler menschlicher Eigenschaften beschäftigt und in deren Zentrum die Frage nach der Wechselwirkung sowie der gegenseitigen Bedingung körperlich-organischer, psychisch-mentaler und sozio-kultureller historischer Strukturen und Prozesse steht.

 

Literaturhinweise:

Thomas Nipperdey, Bemerkungen zum Problem einer historischen Anthropologie, in: Festschrift S. Moser, Meisenheim 1967, 350-370; Aloys Winterling, Begriffe, Ansätze und Aussichten Historischer Anthropologie, in: ders. (Hg.), Historische Anthropologie (Basistexte Geschichte Bd. 1), Stuttgart 2006, 9-29; Hans Süssmuth (Hg.), Historische Anthropologie. Der Mensch in der Geschichte, Göttingen 1984; Gert Dressel, Historische Anthropologie. Eine Einführung, Wien u.a. 1996; Jakob Tanner, Historische Anthropologie. Zur Einführung, Hamburg 2004 (2. Aufl. 2008); Rebekka Habermas u.a. (Hg.), 20 Jahre Zeitschrift Historische Anthropologie (Historische Anthropologie 20, Heft 2), Köln u.a. 2012.


51116 Masterseminar

Der Kaiser Domitian

Freitags, 10-12 Uhr

FRS 191, 5061 (Raumänderung!)

 

Die antiken literarischen Quellen über den Kaiser Domitian (81-96 n. Chr.) zeugen von einem abgrundtiefen Hass der römischen Aristokratie, der in ähnlicher Weise sonst nur Caligula, Nero und Commodus zuteil wurde. Dabei wollte dieser Kaiser weder sein Rennpferd zum Konsul ernennen, noch trat er als Sänger oder Gladiator in der Arena auf, d.h. er versuchte weder die Aristokratie zu kollektiv zu entehren, noch ging er daran, für die Repräsentation der kaiserlichen Stellung neue Formen jenseits römischer aristokratischer Traditionen zu finden. Das Seminar versucht, ausgehend von einer Analyse der Stellung der Kaiser in der politischen und sozialen Ordnung Roms im 1. Jh., die Besonderheiten der Herrschaft Domitians zu ermitteln. Dazu wird v.a. nach der neuen Art der kaiserlichen Repräsentation (Palastbau, Präsenz des Kaisers im Stadtbild), nach seinen Eingriffen in die traditionelle „republikanische“ Ordnung (Verstetigung der magistratischen Laufbahn, kaiserliche Zensur auf Lebenszeit) und nach der Kommunikation und Interaktion mit den Mitgliedern des Senatorenstandes („Freundschaft“ und Zeremoniell) zu fragen sein. Die Ergebnisse sollen anhand einer Analyse der Hintergründe seiner Ermordung und des Rückgriffs der folgenden „guten“ Kaiser auf seine Herrschaftskonzeption überprüft werden.

 

Literatur:

Jones, Brian W., The Emperor Domitian, London 1992; Southern, Pat, Domitian. Tragic Tyrant, London, New York 1997; Leberl, Jens, Domitian und die Dichter. Poesie als Medium der Herrschaftsdarstellung, Göttingen 2004; Gering, Jens, Domitian, dominus et deus? Herrschafts- und Machtstrukturen im Römischen Reich zur Zeit des letzten Flaviers, Rahden 2012; Winterling, Aloys, Cäsarenwahnsinn im Alten Rom, in: Jahrbuch des Historischen Kollegs 2007, München 2008, 115-139; ders., Politics and Society in Imperial Rome, Malden u.a. 2009; Schnurbuch, Dirk, Rationalität und Irrationalität. die Flavier in der Sicht der biographischen Forschung, in: Aloys Winterling (Hg.), Zwischen Strukturgeschichte und Biographie. Probleme und Perspektiven einer neuen Römischen Kaisergeschichte. 31 v. Chr. - 192 n. Chr., München 2011, 277-294.


51118 Forschungsseminar

Althistorische Forschungspraxis

(für althistorische Doktoranden und Studierende der Alte Geschichte)

Donnerstags, 18-20 Uhr

FRS 191, 4026

 

Im Seminar werden einerseits grundlegende Probleme der Methode und Theorie (alt-)historischer Forschung anhand der Lektüre zentraler Texte gemeinsam diskutiert und bearbeitet. In diesem Semester werden Fragen der Konzeptualisierung temporaler Phänomene (Prozessualität, Evolution, Involution, Historizität der Historie) im Vordergrund stehen. Andererseits werden die Teilnehmer/innen praktische Fragen und Probleme eigener Abschluss- und Forschungsarbeiten präsentieren und zur Diskussion stellen. Die Veranstaltung richtet sich somit an Doktoranden und Studierende, die sich intensiver mit der griechisch-römischen Antike befasst haben oder befassen wollen und die bereit sind, sich auf komplexere Fragen einzulassen, die bei wissenschaftlicher Selbstbeobachtung in Theorie und Praxis entstehen.


51120 Forschungskolloquium

Aktuelle Forschungsprobleme der Alten Geschichte

(zus. mit Claudia Tiersch und Wilfried Nippel)

Mittwochs, 18-21 Uhr

FRS 191, 4026