Humboldt-Universität zu Berlin - Deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert mit Schwerpunkt im Nationalsozialismus

Kurzvorstellung Johanna Langenbrinck

Promotionsthema:

Antisemitismus in Berlin 1918 - 1938. Nicht-Zugehörigkeit, Diskriminierung, Gewalt

 

Bereits kurz nach Ende des Ersten Weltkriegs war der Kurfürstendamm im Westen Berlins, der vielen als Symbol für Dekadenz und Kulturverfall galt, Kristallisationspunkt antisemitischer Gewalt. Eine ganze Reihe von Übergriffen auf vermeintlich „jüdische“ Passanten und Passantinnen, Beleidigungen und Tätlichkeiten in den angrenzenden Restaurants und Theatern sowie gewaltsame Auseinandersetzungen mit Verkäufern antisemitischer Zeitungen sind überliefert.

Die Dissertation soll allerdings nicht nur solche Gewaltpraktiken untersuchen, die sich auch besonders stark in den Medien spiegelten, sondern auch niedrigschwelligere Ausgrenzungen im alltäglichen Kontakt zwischen Juden und Nichtjuden in den Blick nehmen - auf der Straße, im Geschäftsverkehr, in Vereinen und Institutionen. Eine zentrale Frage lautet dabei, wann und in welchen Kontexten die Kategorie „Jude“ oder „jüdisch“ als negative Kategorie in den Begegnungen wirkmächtig wurde.

Je nachdem, wo jemand wohnte, arbeitete, seine Freizeit verbrachte, machte er notgedrungen sehr verschiedene, auch widersprüchliche Erfahrungen mit antisemitischer Ausgrenzung. Hier wird besonders deutlich, dass eine einheitliche chronologische Erzählung der Verfolgung in Berlin den Erfahrungen der Betroffenen und den vielschichtigen Gleichzeitigkeiten dieser Großstadt nicht gerecht werden kann. In der Dissertation soll daher versucht werden, entlang von verschiedenen Stadträumen eine Differenzierung vorzunehmen.

Betreuer: Prof. Dr. Michael Wildt