Humboldt-Universität zu Berlin - Lehrstuhl für Europäische Geschichte der Frühen Neuzeit

Humboldt-Universität zu Berlin | Institut für Geschichtswissenschaften | Lehrstuhl für Europäische Geschichte der Frühen Neuzeit | Forschung | Laufende Projekte | Forschungsprojekt: Wahrheitsurteil, Glaubenswahl und Zugehörigkeitsentscheidung: Religiöses Entscheiden in der Frühen Neuzeit (Prof. Dr. Matthias Pohlig)

Forschungsprojekt: Wahrheitsurteil, Glaubenswahl und Zugehörigkeitsentscheidung: Religiöses Entscheiden in der Frühen Neuzeit (Prof. Dr. Matthias Pohlig)

Die frühe Reformation im Alten Reich war ein entscheidungskulturelles Experimentierfeld: Es wurde eine neue Pluralität religiöser Entscheidungsoptionen diskutiert, aber auch debattiert, ob man sich überhaupt zu entscheiden habe. Denn es war sowohl unsicher und vieldeutig, was genau zur Wahl stand, als auch, ob überhaupt eine religiöse Entscheidungssituation vorlag und wenn ja, wer wie entscheiden konnte. Zwar propagierte die reformatorische Polemik von Beginn an einen scharfen Dualismus zwischen wahrer und falscher Kirche, doch de facto bestand eine Vielzahl noch fluider Bekenntnisoptionen. Es war umstritten, ob und wie individuelle wie politische Entscheidungen über religiöse Fragen herbeizuführen seien. Waren Glaubensfragen individuell oder kollektiv überhaupt entscheidbar bzw. wurden sie dies in der Reformation? Wie wurde über religiöses Entscheiden nachgedacht und gesprochen?

Das Hauptaugenmerk des Projekts liegt unter anderem auf der kommunikativen Herstellung von Entscheidungsbedarf – also der Rahmung bestimmter Konstellationen als Entscheidungssituation – und in zweiter Linie auf den Verfahren, Inszenierungen oder Narrativen der Entscheidung. An der frühen Reformation im Reich, so die These des Projekts, lässt sich beispielhaft ablesen, was passiert, wenn eine etablierte Entscheidungskonstellation zusammenbricht und eine neue sich noch nicht etabliert hat.