Humboldt-Universität zu Berlin - Lehrstuhl für Europäische Geschichte der Frühen Neuzeit

Tatjana von Schoenaich-Carolath, M.A.

Name
Tatjana Schoenaich-Carolath M.A.
Status
Doktorand/in
E-Mail
tatjana.schoenaich (at) student.hu-berlin.de

DISSERTATIONSVORHABEN

Das ‚Memoriael‘ des ersten niederländischen Botschafters an der Hohen Pforte, Cornelis Haga (1612–1639), und dessen Rolle in der europäischen Politik am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges

Die Entsendung des ersten niederländischen Botschafters an der Hohen Pforte, Cornelis Haga, fiel mit den damals ganz Europa ergreifenden politischen Umwälzungen zusammen, die nach dem Tod des französischen Königs Heinrich IV., des schwedischen Königs Karls IX. und des Deutschen Kaisers Rudolf II. eine Neuformierung der europäischen Machtbalance erzwangen und somit ebenfalls eine erneute Auslotung der Beziehungen zu den außereuropäischen Großmächten wie dem Osmanischen Reich erforderten. Vor diesem Hintergrund wurde die genau zu diesem kritischen Zeitpunkt initiierte Gesandtschaft Hagas von Beginn an in sämtlichen Regierungszentren Europas als polarisierendes Politikum wahrgenommen, welches die sich neuformierende Konstellation auf dem Kontinent vielfältig beeinflussen konnte. Auch die scheinbar unbeteiligten europäischen Staaten sahen sich daher zu einer unmittelbaren, der jeweiligen Interessenlage entsprechenden Positionierung gegenüber der anvisierten niederländischen Botschaft in Konstantinopel gedrängt. Hagas Gesandtschaft stieß somit seit ihren Anfängen auf enorme Widerstände von verschiedensten Seiten und mobilisierte zahlreiche Opponenten, die die Konsolidierung der bilateralen Beziehungen zwischen dem Osmanischen Reich und dem jüngsten europäischen Staatsgebilde zu verhindern suchten.

Eine der aufschlussreichsten Quellen über die internationalen Reaktionen auf die Etablierung der niederländischen Botschaft in Konstantinopel stellt Hagas ‚Memoriael‘ dar. Das im Nationaal Archief Den Haag konservierte und bislang nur in – teils zweifelhaft überlieferten – Auszügen veröffentlichte Manuskript von Hagas Memorandum steht im Zentrum des Dissertationsprojektes. Durch eine vergleichende Untersuchung von Hagas ‚Memoriael‘ mit seiner größtenteils unveröffentlichten Privat- und Staatskorrespondenz, mit den Depeschen anderer europäischer Botschafter in Konstantinopel sowie mit der zeitgenössischen osmanischen Historiographie soll einerseits ein umfassendes Bild der diplomatischen Tätigkeit Hagas entworfen werden. Zum anderen gilt es nachzuzeichnen, welche transnationalen Interessengruppen als Gegner bzw. Unterstützer Hagas auftraten und aus welchen staats- und/oder religions-politischen Beweggründen ihre Aufstellung gegenüber der niederländischen Botschaft resultierte. Über diese Einbettung der Gesandtschaft Hagas in den gesamteuropäischen Kontext soll letztlich ein neues Schlaglicht auf das Wirkungsgefüge zwischen der europäischen Diplomatie in Konstantinopel und den auf dem Kontinent ausgetragenen Kontroversen geworfen werden, die Europa in seinen ersten Gesamtkonflikt führten.