Humboldt-Universität zu Berlin - Alte Geschichte

2011

 

LV-Nummer

51124

Dozent/in

Winterling

 

Hauptseminar

 

Systemtheorie und Alte Geschichte

Kommentar

Die Systemtheorie zeichnet sich durch den Anspruch auf universale Welterklärung einerseits, notorische Komplexität und Unzugänglichkeit andererseits aus. Die Relevanz für (Alt-) Historiker/innen ergibt sich u.a.

- aus der Vorlage einer Theorie sozio-kultureller Evolution, die die Besonderheiten segmentärer, stratifikatorischer und funktionaler Differenzierung sozialer Systeme bestimmt,

- aus der Unterscheidung von Gesellschaftsstruktur und Semantik, die den Zusammenhang zwischen Selbstbeschreibung und Systemstrukturen von (historischen) Gesellschaften analysiert, und

- aus der Bereitstellung einer Theorie historischer Zeiten, die die Zeithorizonte von Gesellschaften mit der Komplexität ihrer Systemstrukturen zu korrelieren versucht.

Im Seminar werden einerseits durch gemeinsame Lektüre ausgewählter Aufsätze und Kapitel v.a. der Arbeiten Niklas Luhmanns für die historische Arbeit relevante systemtheoretische Grundbegriffe und Denkangebote rekonstruiert, andererseits soll der Erkenntnisgewinn ihrer Anwendung auf die Antike anhand konkreter Fallstudien zu sozialer Schichtung, segmentär-familialen Strukturen, politischer Organisation, Selbstbeschreibungsmustern und Historiographie in griechisch-römischer Zeit bestimmt werden.

Literatur

Becker, Frank, Reinhardt-Becker, Elke, Systemtheorie. Eine Einführung für die Geschichts- und Kulturwissenschaften, Frankfurt am Main, New York 2001; Talcott Parsons, Gesellschaften. Evolutionäre und komparative Perspektiven [1966], Frankfurt am Main 1975; Niklas Luhmann, Geschichte als Prozess und die Theorie sozio-kultureller Evolution, in: ders., Soziologische Aufklärung 3, Opladen 21981, 178-197; ders., Gesellschaftliche Struktur und semantische Tradition, in: ders., Gesellschaftsstruktur und Semantik, Bd. I, Frankfurt am Main 1980, 9-71; ders., Weltzeit und Systemgeschichte, in: ders., Soziologische Aufklärung 2, Opladen 1975, 103-133; ders., Zum Begriff der sozialen Klasse [1984], in: ders., Ideenevolution. Beiträge zur Wissenssoziologie, hg. von André Kieserling, Frankfurt am Main 2008, 72-131; ders., Die Gesellschaft der Gesellschaft, 2 Bde., Frankfurt am Main 1997; ders., Politische Soziologie, hg. von André Kieserling, Frankfurt am Main 2010.

 


 

LV-Nummer

51125

Dozent/in

Winterling

 

Hauptseminar

 

Nero

Kommentar

Der römische Kaiser Nero (54-68 n. Chr.) ist im historischen Allgemeinwissen vor allem durch spektakuläre Aktionen präsent, die den Stoff für Hollywood-Verfilmungen boten: Auftritte als Sänger im Theater, nächtliche Streifzüge durch Rom in Sklavenkleidern, Morde an seiner Mutter Agrippina, seinem Halbbruder Britannicus und einer Vielzahl von Senatoren, Brand Roms, Entfaltung eines ungeheuren Luxus durch den Bau eines „Goldenen Hauses“, das ca. 50 Hektar mitten in Rom einnahm, und nicht zuletzt: durch offene Feindschaft mit der Aristokratie. Nach einer Übersicht über die moderne, oft personalistisch und anachronistisch argumentierende Forschung und nach der Durchsicht der nicht minder tendenziösen Stellungnahmen der antiken Quellen (v. a. Tacitus, Sueton, Cassius Dio) sollen zunächst die Besonderheiten der politischen und sozialen Strukturen im kaiserzeitlichen Rom analysiert werden, um die historisch vorbildlose, durch höchst widersprüchliche Anforderungen gekennzeichnete Rolle zu rekonstruieren, die römische Kaiser auszufüllen hatten. Vor diesem Hintergrund wird die Regierungszeit Neros untersucht und nach den Bedingungen der Möglichkeit sowie nach der Sinnhaftigkeit eines kaiserlichen Verhaltens gefragt, das in der älteren Forschung mit dem Begriff „Cäsarenwahnsinn“ belegt wurde.

Literatur

Bleicken, Jochen, Verfassungs- und Sozialgeschichte des römischen Kaiserreiches, 2 Bde., Paderborn, Bd. 1, 4. Aufl., 1995. Bd. 2, 3. Aufl., 1994; Winterling, Aloys, Politics and Society in Imperial Rome, Malden u.a. 2009; Millar, Fergus, The Emperor in the Roman World (31 B.C. - A.D. 337) [1977], 2. Aufl. 1992; Griffin, Miriam T., Nero. The End of a Dynasty, London 1984; Rilinger, Rolf, Seneca und Nero. Konzepte zur Legitimation kaiserlicher Herrschaft, in: Klio 78, 1996, 130-157; Champlin, Edward, Nero, Cambrige Mass., London 2003; Bergmann, Marianne, Hatte Nero ein politisches und/oder kulturelles Programm? Zur Inschrift von Akraiphia, in: Jean-Michel Croisille, Yves Perrin (Hg.), Neronia, 6 Bde., Brüssel 2002, Bd. 6, 273-284; Winterling, Aloys, Cäsarenwahnsinn im Alten Rom, in: Jahrbuch des Historischen Kollegs 2007, München 2008, 115-139.

 


 

LV-Nummer

51113

Dozent/in

Winterling

 

UE

 

Lektüre ausgewählter Quellen zur kaiserzeitlichen Prosopographie

Kommentar

Anhand der gemeinsamen Lektüre und Interpretation historiographischer und epigraphischer Quellen zu einer kaiserzeitlichen Personengruppe von besonderer Bedeutung, den engen Vertrauten und Günstlingen der römischen Kaiser von Augustus bis Trajan, sollen die methodischen Probleme prosopographischer Analysen der römischen Kaiserzeit diskutiert, der Umgang mit lateinischen Quellen geübt und die Handhabung der wichtigsten prosopographischen Lexika erlernt werden. Voraussetzung für die Teilnahme sind Grundkenntnisse des Lateinischen.

Literatur

Boer, Willem den, Die prosopographische Methode in der modernen Historiographie der hohen Kaiserzeit, in: Mnemosyne 22, 1969, 268-280; Graham, A.J., The Limitations of Prosopography in Roman Imperial History, in: ANRW 2, 1, 1974, 136-157; Eck, Werner (Hg.), Prosopographie und Sozialgeschichte. Studien zur Methodik und Erkenntnismöglichkeit der kaiserzeitlichen Prosopographie. Kolloquium Köln 24.-26. November 1991, Köln u.a. 1993; ders., Diplome, Konsuln und Statthalter: Fortschritte und Probleme der kaiserzeitlichen Prosopographie, in: Chiron 34, 2004, 49-64; ders., Prosopography, in: Alexander Barchiesi, Walter Scheidel (Hg.), The Oxford Handbook of Roman Studies, Oxford 2010, 146-159.

 


 

LV-Nummer

51103

Dozent/in

Winterling

 

Vorlesung

 

Römische Geschichte von den Anfängen bis 133 v. Chr.

Kommentar

Die Vorlesung gibt einen Überblick über die römische Geschichte von den Anfängen der Stadt bis zum Beginn der Krise der Republik. Neben den Grundzügen der Ereignisgeschichte werden die wichtigsten Strukturen und Prozesse analysiert, die Roms Sonderstellung und Erfolg im Vergleich mit anderen antiken städtischen Gemeinwesen bedingten:

- die politische Ordnung, die sich in den Ständekämpfen ausbildete und die die Konkurrenz innerhalb der patrizisch-plebejischen Oberschicht (Nobilität) auf politische Leistungen für das Gemeinwesen ausrichtete;

- die Strukturen sozialer Ungleichheit, die sich über die politische Ordnung reproduzierten und daher unumstritten waren;

- die segmentären Abhängigkeitsverhältnisse in Familie und Klientel, die eine grundlegende Orientierung am jeweils Höherstehenden bewirkten und horizontale Solidarisierungen verhinderten;

- die außergewöhnliche Fähigkeit des römischen Gemeinwesens, eroberte Städte und Gebiete nicht nur zu unterwerfen, sondern in den eigenen politischen Verband zu integrieren; schließlich

- die Selbstsicht der Römer, die sich in der Formel Senatus populusque Romanus als politische Gesellschaft deuteten.

Literatur

Heuß, Alfred, Römische Geschichte, 6. Aufl., Paderborn u.a. 1998; Bleicken, Jochen, Geschichte der römischen Republik, 4. Aufl., München, Wien 1992; Meyer, Ernst, Römischer Staat und Staatsgedanke, 4. Aufl., Zürich, München 1975; Bleicken, Jochen, Die Verfassung der römischen Republik. Grundlagen und Entwicklung, 7. Aufl., Paderborn u.a. 1995; Alföldy, Géza, Römische Sozialgeschichte, 3. Aufl., Wiesbaden 1984; Gelzer, Matthias, Die Nobilität der römischen Republik [1912], in: ders., Kleine Schriften, Bd. 1, Wiesbaden 1962, 17-135; Martin, Jochen, Zwei Alte Geschichten. Vergleichende historisch-anthropologische Betrachtungen zu Griechenland und Rom, in: Saeculum 48, 1997, 1-20.

 


 

 

LV-Nummer

51127

Dozent/in

Nippel, Tiersch, Winterling

 

Colloquium

 

Aktuelle Forschungsprobleme in der Alten Geschichte

Kommentar

 

Literatur