Humboldt-Universität zu Berlin - Alte Geschichte

2. Einleitung zum Briefverzeichnis

 

2.1 Verzeichnis aller überlieferten Briefe von und an Johann Gustav Droysen

 

Forschungsbericht und Quellenlage

Trotz des großen Umfanges, den das vorliegende Briefverzeichnis mittlerweile angenommen hat, handelt es sich bei ihm nach wie vor um einen Torso. Deshalb soll im Folgenden kurz dargestellt werden, welche Informationen die Listen enthalten und welche Informationen nicht, d.h. was bisher verzeichnet werden konnte, welche Lücken aber nach wie vor bestehen.

Von Johann Gustav Droysen existieren drei Teilnachlässe: einer im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GStA PK) in Berlin-Dahlem, ein weiterer in der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt (ULB) in Halle und ein dritter in der Thüringer Universi­täts- und Landesbibliothek (ThULB) in Jena.

Die größte Sammlung an Manuskripten und Briefen von Droysen befindet sich im GStA PK unter der Signatur VI. HA, Nl. Johann Gustav Droysen. Weitere Autographen (wie z. B. ein Großteil der Vorlesungsmitschriften aus seiner Studienzeit, ein ganzes Konvolut von Briefen an seinen ältesten Sohn Gustav Droysen) sowie zahlreiche Porträts einzelner Familienmit­glieder sind in der ULB in Halle unter der Signatur Yi 32 Droysen-Familiennachlass überlie­fert. Bei dem in der ThULB in Jena befindlichen Teilnachlass handelt es sich in erster Linie um von Rudolf Hübner angefertigte Abschriften von Manuskripten und Briefen Droysens, so­wie weitere, in Bezug zu Droysen stehende, von Hübner zusammengetragene Materialien. Der Jenaer Teilnachlass dokumentiert Rudolf Hübners Bemühen, die Droysen-Biographie seines Onkels Gustav Droysen fortzusetzen und zu vollenden. Dass das Hübners Absicht ge­wesen ist, geht auch aus einem Brief von Arnold Oskar Meyer (Kiel, 27.01.1917) hervor, der an Hübner schreibt: „Es freut mich, aus Ihrem Briefe zu ersehen, dass Sie den 2. Band der Droysen-Biographie in Arbeit haben.“ (ThuLB, Nachl. Droysen, Nr. 5, Fasz. 3) Da nicht alle Originalbriefe Droysens überliefert sind, kommt den von Rudolf Hübner angefertigten Ab­schriften für die Droysen-Forschung große Bedeutung zu.

Inhaltsangaben zu allen drei Teilnachlässen findet man in der Droysen-Bibliographie (S. 125-152) von Horst Walter Blanke. Das ausführliche, aber leider nicht ganz fehlerfreie Findbuch des Droysen-Nachlasses in Halle ist ferner unter folgender URL einsehbar: http://sundoc.bibliothek.uni-halle.de/nachlaesse/droysen.htm. Für Jena findet man mittler­weile ebenfalls eine grobe Inhaltsübersicht im Internet.

Alle im Droysen-Nachlass im GStA PK überlieferten Briefe von und an Johann Gustav Droy­sen sind vollständig verzeichnet und über das vorliegende Briefverzeichnis recherchierbar. Während der Aufnahme der Briefe konnten zugleich einige fehlerhafte Angaben des Findbu­ches berichtigt werden. Prozentual gesehen, machen diese Briefe derzeitig den größten Anteil des Briefverzeichnisses aus.

Die in der ULB Halle (Familiennachlass Droysen Yi 32 I.11) überlieferten 214 Briefe Droysens an seinen ältesten Sohn Gustav sind vollständig verzeichnet (im BW sind davon 54 Briefe, meist in gekürzter Form abgedruckt). Hingegen sind weitere einzelne in Halle überlieferte Briefe (Familiennachlass Droysen Yi 32 A. 5, 6, 8, 9 und Yi 32 I. 8, 10) an Johann Gustav Droysen noch nicht verzeichnet.

Bisher vollkommen unberücksichtigt geblieben ist der Jenaer Teilnachlass. Es muss zu­nächst gesichtet werden, ob es sich bei den dort überlieferten Briefen nur um Abschriften handelt, oder ob sich auch Originale darunter befinden. In einem zweiten Schritt ist dann abzuglei­chen, ob es zu den in Jena vorhandenen Abschriften noch die dazugehörigen Original­briefe (z. B. im GStA PK) gibt, und in wie vielen Fällen die Hübnerschen Abschriften heute die ein­zigen überlieferten Quellen darstellen.

Dass übergreifende elektronische Datenbanken bzw. Kataloge nicht immer zuverlässige In­formationen bieten, sieht man z. B. daran, dass in der beim Bundesarchiv angesiedelten Zen­tralen Nachlassdatenbank für Johann Gustav Droysen nur zwei Teilnachlässe (in Berlin und Jena) genannt werden. Trotzdem sind derartige Meta-Kataloge unverzichtbare Hilfsmittel. So hat die Zentrale Datenbank Nachlässe durch ihre verschiedenen Suchmöglichkeiten – wie z. B. die nach dem „Bestandsinhalt“ – dazu beigetra­gen, dass weitere Droysen-Autographen ausfindig gemacht werden konnten. Allen Anhalts­punkten, welche diese Suche zu Tage gefördert hat, wurde nachgegangen und die Ergebnisse der daraufhin erfolgten Recherchen sind in das vorliegende Briefverzeichnis eingeflossen [Stand: 06.05.2013]. Aber auch hier darf man nicht der Suggestion der Vollständigkeit an­heim fallen, da man nur das finden kann, was verzeichnet wurde. Dort, wo genaue Inhaltsan­gaben zu den einzelnen Nachlässen fehlen, ist es nicht möglich, online zu recherchieren, was diese enthalten und zumeist sind die Inhaltsangaben nur sehr spärlich.

Weitere Briefe konnten über den an der Staatsbibliothek Berlin – Preußischer Kulturbesitz angesiedelten Kalliope Verbundkatalog Nachlässe und Autographen recherchiert werden. Alle bei Kalliope verzeichneten Briefe von „Johann Gustav Droysen“ (99 Treffer) und an ihn (37 Treffer) wurden in das hier vorgelegte Briefverzeichnis aufgenommen, sofern sie nicht schon aus anderen Quellen übernommen worden waren (vgl. http://kalliope.staatsbibliothek-berlin.de – Stand: 25.01.2013). Alle aus Kalliope stammen­den und bisher noch nicht durch Autopsie geprüften Angaben, bedürfen allerdings noch der Prüfung, da die Erfahrung gezeigt hat, dass die Angaben nicht immer richtig sind. Ein Haupt­problem hierbei ist die Na­mens­gleichheit von Johann Gustav Droysen und seinem ältesten Sohn Gustav Droysen. Bei nach Droysens Tod (19. Juni 1884) verfassten Briefen geht aus dem Datum hervor, wer der Briefschreiber ist. Bei allen davor datierten Briefen gibt nur ein Handschriftenvergleich Aufschluss darüber, wer der Briefschreiber gewesen sein kann. Eben­so muss noch geprüft bzw. abgeglichen werden, inwieweit einige der Treffer, welche die Su­che nach dem bloßen Familiennamen („Droysen“) ergibt, auch „Johann Gustav Droysen“ zu­zuordnen sind. Die Suche nach Autogra­phen „von Droysen“ allgemein erzielte 155 Treffer, die Suche nach Autographen „an Droysen“ 53 Treffer (Stand: 25.01.2013). Da Kalliope perma­nent ergänzt wird, ist eine regelmäßige Überprüfung auf neue Einträge hin notwendig.

Die auf der Internetseite „Deutsche Dichterhandschriften des Poetischen Realismus“ für Droy­sen aufgeführten Archivstandorte sind für das Briefverzeichnis alle berücksichtigt wor­den.

Ebenfalls vollständig aufgenommen in das hier vorgelegte Briefverzeichnis wurden alle von Blanke in der Droysen-Bibliographie unter der Rubrik „Sonstige Autographen“ verzeichne­ten Briefe.

Einen weiteren Anhaltspunkt für die gezielte Recherche nach Briefen von und an Droysen bilden die Wirkungsstätten Droysens bzw. die zu diesen existierende Überlieferung:

Als Lehrer war Droysen am Berlinischen Gymnasium zum Grauen Kloster (1829–1840) und am Friedrich-Werderschen Gymnasium (1829/30) tätig. Als Universitätsdozent und später als Professor war Droysen in Berlin (1833–1840 und 1859–1884), Kiel (1840–1851) und Jena (1851–1859) tätig. Ferner wurde Droysen 1867 Mitglied der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften und wirkte als Initiator verschiedener Akademieprojekte mit.

Die gesamte zu Droysen im Archiv der Sammlungen des Berlinischen Gymnasiums zum Grauen Kloster (heute im Besitz der Zentral- und Landesbibliothek Berlin) existierende Über­lieferung konnte eingesehen und die dort befindlichen Briefe verzeichnet werden.

Nach einer das Friedrich-Werdersche Gymnasium betreffenden Überlieferung wurde bisher noch nicht recherchiert, ebenso wenig wie danach, ob es einen Aktenniederschlag in der Überlieferung der Schulbehörde (heute im Landesarchiv Berlin), die das Gegenstück zu den beiden genannten Bildungseinrichtungen bildet, gibt.

Die im Universitätsarchiv der Humboldt-Universität zu Berlin zu Droysen existierende Über­lieferung (welche auch die Zeit seines Studiums, seiner Promotion und Habilitation umfasst) wurde vollständig eingesehen und die dort aufbewahrten Briefe sind über das Briefverzeich­nis recherchierbar. Recherchen in den Archiven der Universitäten Kiel und Jena sind hinge­gen noch nicht erfolgt.

Die im Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften zu Droysen exi­stierende Überlieferung wurde vollständig zur Kenntnis genommen und alle dortigen Briefe haben ebenfalls Eingang in das Briefverzeichnis gefunden.

Das Pendant zur Überlieferung der einzelnen Universitätsarchive findet man in der Behör­denüberlieferung. Bei den bisherigen Recherchen in der Ministerial­überlieferung im GStA PK sind keine Droysen-Briefe ans Licht gekommen.

Natürlich können sich in den verschiedensten Sammlungen und Nachlässen Droysen-Briefe befinden, die durch spätere Ankäufe oder anderweitige Zufälle dahin gelangt sind. Am ehe­sten aber sind Droysen-Briefe, insofern sie überliefert wurden, in den Nachlässen seiner Kor­respondenzpartner zu vermuten. Aus diesem Grund ist es notwendig zu recherchieren, ob von Droysens Korrespondenzpartnern Nachlässe existieren und falls ja, ob sie Droysen-Briefe enthalten. Diese Recherche konnte bisher nur begonnen werden. Was die Nachlässe von Droysen-Korrespondenzpartnern im GStA PK betrifft, konnte die Recherche allerdings abgeschlossen werden. Mittels einer Durchsicht der Findbücher und, wenn diese Anhalts­punkte boten, der Nachlässe selbst, in denen Droysen-Korrespondenz gewusst oder vermutet wurde, konnten weitere Droysen-Briefe ermittelt werden. Daher sollten die im GStA PK in weiteren Nachlässen überlieferten Droysen-Briefe, nahezu vollständig über das Briefver­zeichnis zu recherchieren sein.

Eine Ausnahme hierbei bilden allerdings die Briefe aus Droysens Handakten die „Heraus­gabe der Urkunden und Aktenstücke zur Geschichte des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg (1640–1688)“ betreffend, die sich heute im Nachlass Gustav Schmollers (GStA PK, VI. HA, Nl. Schmoller, Nr. 252 u. 253) befinden und die noch nicht in das Brief­verzeichnis aufgenommen wurden. Den Hinweis auf die Existenz dieser Briefe verdanke ich einem Aufsatz Wolfgang Neugebauers, der bemerkt: „Die Handakten Droysens über das Pro­jekt der Urkunden und Aktenstücke sind der Forschung wohl deshalb ent­gangen, weil sie nicht im Nachlass Droysens, sondern im Nachlass Gustav Schmollers liegen (der sie, wie es seine Art gewesen ist, bei der Übernahme des Editionsvorhabens in seiner private Registratur gelegt hat)“.[1] Die beiden Akten (GStA PK, VI. HA, Nl. Schmoller, Nr. 252 u. 253) enthalten neben anderen Unterlagen mehrere von Droysen verfasste sowie an diesen gerichtete Schrei­ben von verschiedenen Personen (wie z. B. von B. Erdmannsdörfer, E. Simson, Heinrich Peter, Georg Reimer, M. Toeppen, dem übergeordneten Ministerium und vom preußischen König und späteren deutschen Kaiser Wilhelm I.), die alle im Kontext des Akademieprojektes der Edition der Urkunden und Aktenstücke stehen.

Einen weiteren Anhaltspunkt für die Recherche haben Rudolf Hübners Angaben über die verschiedenen Aufbewahrungsorte der von ihm veröffentlichten Briefe geboten (vgl. „Ver­zeichnis der Empfänger und Absender“, BW II, S. 983-994). Diese Angaben haben sich aber als nicht immer korrekt herausgestellt bzw. konnten nicht immer verifiziert werden. Dafür konnte an manchen Stellen, an denen Hübner nur mitteilt: „nach Abschrift gedruckt“, der heutige Aufbewahrungsort der Autographen ermittelt werden.

Folgende Abweichnungen von den Angaben Hübners sind festzuhalten: Hübner gibt an, dass sich die Briefe Droysens an Arnim alle im Droysen-Nachlass im GStA PK befänden. Zwei der Briefe liegen aber in: GStA PK, VI. HA, Nl. Alexander H. v. Arnim. Die Briefe an Theodor Bergk befinden sich heute nicht mehr in der Universitätsbibliothek Bonn, sondern im Droy­sen-Nachlass im GStA PK. Ebenso wie heute auch die Briefe an Friedrich Ritschl nicht mehr in Privatbesitz, sondern im Droysen-Nachlass im GStA PK aufbewahrt werden. Auch wenn Hübner angibt, dass die Briefe an Georg und Wilhelm Beseler alle nach Abschriften gedruckt seien, befinden sich doch einige der Originalbriefe im Droysen-Nachlass im GStA PK. Das Briefkonzept an Bouché-Leclercq konnte bisher nicht im Droysen-Nachlass im GStA PK er­mittelt werden, es liegt zumindest nicht bei den Briefen. Das gleiche trifft für die Briefe Droy­sens an Graf Siegmar zu Dohna zu. Der Brief an Otto Schneider ist nicht, wie Hübner angibt im Droysen-Nachlass, sondern in der Forschungsbibliothek Gotha überliefert. Laut Hübners Angaben werden beide Briefe Droysens an Martin Eduard v. Simson im Droysen-Nachlass im GStA PK aufbewahrt, dort konnte aber nur einer der beiden Briefe ermittelt werden. Laut Hübner sollten sich die elf im BW abgedruckten Briefe Droysens an Treitschke im Droysen-Nachlass im GStA PK befinden. Dort konnten tatsächlich elf Briefe nachgewiesen werden, von denen ist aber einer bisher ungedruckt geblieben.

 

[1] Wolfgang Neugebauer, „Großforschung“ und Teleologie. Johann Gustav Droysen und die editorischen Projekte seit den 1860er Jahren, in: Stefan Rebenich / Hans-Ulrich Wiemer (Hg.) Johann Gustav Droy­sen. Philosophie und Politik – Historie und Philologie, (Campus Historische Studien, Bd. 61.) Frankfurt am Main/New York 2012, S. 261-292, S. 267 Anm. 32.

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