Wintersemester 2023/24
Prof. Dr. Dorothea Weltecke
Proseminar: Pseudogeschichte – was ist das und was machen wir damit?
Di. 16-18 Uhr (FRS 191, R. 5009) - AGNES
Das Mittelalter gibt es gar nicht; es ist alles eine abgekartete Erfindung? Unsere Zeitrechnung ist völlig falsch? Der Heilige Gral befindet sich in einem spanischen Kloster? Wissenschaftliche Erkenntnisse sind widersprüchlich und vielfältig, aber es gibt Grenzen: Es gibt Bücher, die wissenschaftlich aussehen und Fußnoten haben – und trotzdem haarsträubend falsch sind, weil sie auf Verschwörungstheorien beruhen, die geschichtswissenschaftliche Methoden nicht oder falsch anwenden oder politische Ideologien erfüllen wollen. Das Proseminar führt in Methoden und Quellen der wissenschaftlichen Erforschung der mittelalterlichen Geschichte ein, indem wir einige dieser pseudowissenschaftlichen Theorien unter die Lupe nehmen.
Übung: Mittellateinische Quellenlektüre – Selbstzeugnisse
Di. 14-16 Uhr (FRS 191, R. 5009) - AGNES
Im Zentrum dieser Übung steht die Übersetzung und die Interpretation mittellateinischer Texte, die von eigenen Erlebnissen mittelalterlicher Menschen berichten – in Reiseberichten, Lebensbeschreibungen und ähnlichem. Für ein effizientes Arbeiten mit mittelalterlichen Quellen gibt es eine Fülle von Rechercheressourcen, Datenbanken, Wörterbüchern oder Lexika, die wir im Lauf des Semesters kennenlernen und damit Recherchefähigkeiten für die eigene Arbeit mit Quellen ausbauen. Sie werden sehen, Übersetzen und Interpretieren ist gar nicht so schwer. Kommen Sie einfach vorbei.
Masterseminar: Postcolonial Middle Ages – the state of the question
Mo. 14-16 Uhr (FRS 191, R. 4026) - AGNES
20 years ago scholars started to reflect the impact of postcolonial studies for medievalists, more or less unnoticed by the wider community of historians within and outside the field of Medieval studies. The debate gained much more political and theoretical momentum during recent years and new approaches like „critical race theory“. In this seminary we will discuss prominent works and controversies and examine their theoretical approaches and empirical methods. At the same time we expand our own empirical knowledge of sources and fields of research in the global Middle Ages.
Forschungsseminar: Mittelalter 2.0. Theorien und Empirische Ansätze
Mo. 12-14 Uhr (FRS 191, R. 4026) - AGNES
Soll man überhaupt noch von „Mittelalter“ sprechen? Ist die Mittelalterforschung rassistisch? Welche Möglichkeiten bieten Konzepte für ein globales Mittelalter oder der postkolonialen Erforschung der Epoche? Was bedeuten diese Ansätze für die konkrete Quellenarbeit? In diesem Forschungsseminar wollen wir neuere Anregungen diskutieren und nach Ansätzen für eigene Fragestellungen und Quellenanalysen suchen.
Forschungscolloquium zur Geschichte des Mittelalters (mit Prof. Dr. Barbara Schlieben)
Mo. 18-20 Uhr (FRS 191, R. 4031) - AGNES
Diese Veranstaltung ist für alle, die bei mir eine Qualifikationsarbeit schreiben möchten, von BA bis Habil., verpflichtend – alle anderen sind herzlich eingeladen, auch zu einzelnen Terminen. Im Semester finden Vortragsveranstaltungen statt, darunter Termine in Zusammenarbeit mit Dr. Jörg Feuchter und der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften sowie mit Thomas Ertl und Stefan Esders von der Freien Universität. Das Programm wird rechtzeitig bekanntgegeben.
Vom 07.-09. Dezember findet eine Blockveranstaltung statt (Winterkolloquium), bei der alle Qualifikationsarbeiten mit Werkstattberichten vorgestellt und diskutiert werden.
Dr. Jörn Christophersen
Proseminar: Konvertiten und Konversion - Minoritäten, Transgressionen, Marginalisierungen.
Do. 10-12 Uhr (DOR 24, R. 1.404) - AGNES
Das Proseminar ist eine Hinführung zum weiteren Studium der mittelalterlichen Geschichte. Im Vordergrund steht in diesem Semester die vertiefte Quellenkritik unter Rückgriff auf die Historischen Grundwissenschaften, über die ein erster Überblick gegeben wird. Anhand ausgewählter Beispiele aus für die Mediävistik zentralen Themenkreisen der Stadt-, der Wirtschafts- und Sozial- sowie der Verflechtungsgeschichte, und hier im Besonderen von religiösen Konversionsvorgängen, werden grundlegende Arbeitstechniken erprobt und einstudiert und curriculare Leistungen erbracht. In der ersten Sitzung werden die für alle verbindlichen „Spielregeln“ festgelegt und um die Vorschläge der Studierenden ergänzt.
Die Veranstaltung ersetzt nicht den Besuch von Epochenüberblicksveranstaltungen (Vorlesungen).
Das Erlernen und Einüben grundlegender Arbeitstechniken und die Ausbildung eines Methodenbewusstseins legen den Grundstein für ein erfolgreiches Studium, das gilt auch für eines der Geschichte. Um den Anforderungen an das Studium der jeweiligen Teildisziplinen (wie etwa der epochal und meistens auf Europa ausgerichteten Mittelalterlichen Geschichte) gerecht zu werden, verknüpfen die Proseminare eine propädeutische Einführung mit ersten thematischen Zugriffen.
Die Frage danach, was mit Konvertit:innen geshieht, wie sie wahrgenommen werden, sich rechtfertigen müssen und ggf. auf Versorgung durch die neue Community angewiesen sind, berührt gleich mehrere Aspekte mittelalterlicher Studien. Die Betrachtung der jeweiligen (auch intendierten) Interaktionen ermöglicht zugleich die Fokussierung auf Kulminationspunkte historischen Arbeitens und Analysierens. Mitunter kamen im sogenannten Mittelalter soziale Konstellationen und Institutionen zu Ausformungen, die lange – teils bis heute – andauerten und an denen sich Strukturen nachvollziehen lassen. Diese werden, bei allen Gemeinsamkeiten heute dennoch mitunter als rückständig, unaufgeklärt, unmodern wahrgenommen – mit drastischen Folgen für unser Geschichtsbild.
Anhand ausgewählter Beispiele sollen die curricularen Aufgaben der Proseminare erarbeitet und somit Grundlagen für Quellendiskussionen geschaffen werden.
Vorgesehen ist zusätzlich ein halb- oder ganztägiger Ausflug an einem noch festzulegenden Termin. Sollte dies in Präsenz nicht möglich sein, gibt’s einen Online-Ausflug.
Vorausgesetzt werden das Interesse an Kernfragen der mittelalterlichen Geschichte und/oder die Bereitschaft sich fleißig einzuarbeiten sowie die Bereitschaft zu regelmäßiger Teilnahme.
Auf Wunsch der Studierenden wird die Veranstaltung (wie das Geschichtsstudium im Allgemeinen) mit einer Trigger-Warnung versehen: die Lektüre von Quellen erschüttert mitunter Weltbilder und fordert Denkmuster heraus. Sie offenbart und erfordert die Auseinandersetzung unter anderem mit menschlichen Abgründen, Gewalt, Zwang, Ungleichheiten, Politik, Religion.
Bachelorseminar: Vom Objekt zur Studie - Was verraten uns Rotuli?
Do. 12-14 Uhr (DOR 24, R. 1.404) - AGNES
Dieses Bachelorseminar begleitet Ihr fortgeschrittenes Studium. Während die meisten Veranstaltungen eine thematische Klammer mit Blick auf Ereignisse und Strukturen haben, möchte diese Veranstaltung konsequent vom Objekt ausgehen.
Die Schriftrolle ist dabei ein Schriftträger, der uns heute jenseits kultischer Kontexte weniger vertraut ist, im Mittelalter aber noch in vielen Situationen zur Anwendung kam. Wir kennen also nicht allein Tora-Rollen, sondern auch Steuerrollen, Schadensrodel, Kalender, Zeugenlisten und viele mehr.
Die Kulturtechnik des Auf- oder Einbringens von Zeichen auf oder in Rollen ist dabei gemeinsames Erbe antiker Kulturen in vielen Teilen der Erde: zumindest von England bis Äthiopien, von Marokko bis Japan, aber auch weit darüber hinaus. Als Ausdrucksform für gesprochene Sprache begegnen uns Rollen auch in der mittelalterlichen darstellenden Kunst.
Anhand ausgewählter Beispiele sollen die Potentiale der Beschäftigung mit Schriftrollen – auch als Perspektive einer posteurozentrischen Geschichtswissenschaft – ergründet und die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Bearbeitung geklärt werden. Zugleich werden grundlegende Arbeitstechniken aufgefrischt und gefestigt, erprobt und einstudiert. In der ersten Sitzung werden die für alle verbindlichen „Spielregeln“ festgelegt und um die Vorschläge der Studierenden ergänzt.
Das Einüben grundlegender Arbeitstechniken und die Ausbildung eines Methodenbewusstseins sind essentiell für ein erfolgreiches Studium, das gilt auch für eines der Geschichte. Um den Anforderungen an das Studium der jeweiligen Teildisziplinen (wie etwa der epochal und meistens auf Europa ausgerichteten Mittelalterlichen Geschichte) gerecht zu werden, verknüpfen die Bachelorseminare propädeutische Aspekte mit thematischen Zugriffen.
Perspektiven auf Räume und Prozesse von Kulturtechniken, auf Materialität und Bewahrung ermöglichen nicht zuletzt aufgrund der Einflüsse kulturwissenschaftlicher Arbeiten die Fokussierung auf Kulminationspunkte historischen Arbeitens und Analysierens. Weiterhin soll unser Geschichtsbild über das sog. Mittelalter einer Prüfung unterzogen werden.
Anhand ausgewählter Beispiele vornehmlich, aber nicht nur aus dem sogenannten lateineuropäischen Mittelalter werden curriculare Aufgaben der Veranstaltungsform erarbeitet und somit Grundlagen für Quellendiskussionen geschaffen.
Vorgesehen ist zusätzlich ein halb- oder ganztägiger Ausflug an einem noch festzulegenden Termin. Sollte dies in Präsenz nicht möglich sein, gibt’s einen Online-Ausflug.
Es können im Rahmen der Veranstaltung Arbeitsfelder für die BA-Thesis im Bereich mittelalterliche Geschichte erprobt werden. Dies schließt – bei Interesse der Studierenden – dezidiert grundwissenschaftliche Arbeiten mit ein.
Auch über den eigentlichen thematischen Fokus hinaus sind Vorhaben, die in eine BA-Abschlussarbeit überführt werden sollen, stets willkommen.
Erfolgreichen Teilnehmer:innen der Veranstaltung soll die Möglichkeit der Präsentation von Postern auf einer wissenschaftlichen Tagung gegeben werden.
Auf Wunsch der Studierenden wird die Veranstaltung (wie das Geschichtsstudium im Allgemeinen) mit einer Trigger-Warnung versehen: die Lektüre von Quellen erschüttert mitunter Weltbilder und fordert Denkmuster heraus. Sie offenbart und erfordert die Auseinandersetzung unter anderem mit menschlichen Abgründen, Gewalt, Zwang, Ungleichheiten, Politik, Religion.
Dr. Thomas Woelki
Übung: Gesandtschaftswesen und Diplomatie im Spätmittelalter
Mo. 16-18 Uhr (FRS 191, R. 4031) - AGNES
Unter vormodernen Kommunikationsbedingungen waren politische Entscheidungsträger fast immer auf ungenaue und veraltete Informationen angewiesen und konnten eigenen Entscheidungen nur mit beträchtlicher Verzögerung Geltung verschaffen. Gesandte überbrückten dieses Dilemma insbesondere dann, wenn der handelnde Akteur zumindest virtuell mit dem Entscheidungsträger verschmolz: Politische Repräsentation zeigte sich hier in ihrer unmittelbarsten Form, als durch ausgefeilte juristische und rituelle Strategien hergestelltes Gegenwärtig-Setzen der Mächtigen. Der Umgang mit Gesandten war der Normalfall politischer Kommunikation.
Im späten Mittelalter stieg die Frequenz der Gesandtschaften enorm. An den wichtigsten Herrscherhöfen etablierten sich ständige Gesandtschaften. Die Konventionen zum Ablauf von Gesandtenempfängen und dem Rechtsstatus von Gesandten wurden systematisch normiert.
In der Übung bietet sich Gelegenheit zu vielfältigen Einblicken in die politische Kultur des Spätmittelalters und zum Kennenlernen verschiedener Quellentypen: Traktate, Urkunden, Briefe und Berichte, Reden, bis hin zu Codebüchern zum Entziffern chiffrierter Nachrichten und Bildquellen. Die in den letzten Jahrzehnten stark angewachsene Forschung eröffnet jedem Studierenden die Chance auf ein eigenen Entdeckungsfeld, das einen idealen Boden für eine Qualifikationsarbeit bereiten kann.