Sammelband "Berlin 1933-1945. Stadt und Gesellschaft im Nationalsozialismus"
Bearbeiter: Prof. Dr. Michael Wildt, Dr. Christoph Kreutzmüller
Trotz ihrer überragenden politischen und sozioökonomischen Bedeutung ist die Geschichte der Reichshauptstadt Berlin im Nationalsozialismus bislang nicht umfassend untersucht worden. Im Rahmen ihrer wissenschaftlichen Begleitung der geplanten Landesausstellung „Zerstörte Vielfalt. Berlin im Nationalsozialismus“ bereiten Michael Wildt und Christoph Kreutzmüller einen Forschungs-band zur Geschichte Berlins 1933-1945 vor, der sich als Beitrag zu einer modernen NS-Gesellschaftsgeschichte versteht und in dem die Spezifika Berlins im Vergleich zu anderen Städten herausgearbeitet werden.
Berlin war als Reichshauptstadt zentraler und symbolischer Schauplatz politischer, sozialer, kultureller Auseinandersetzungen. Hier hatten sowohl die Reichs- und Preußischen Regierungsinstanzen als auch ausländische Bot- und Gesandtschaften, Interessensvertretungen und Gewerkschaften ihren Sitz. Nicht zuletzt waren in der Stadt zahlreiche militärische Einheiten stationiert und militärische Anlagen konzentriert. Eng mit der Funktion als Reichshauptstadt war die Bedeutung der Stadt als Kulturmetropole verknüpft. Während die Nationalsozialisten den weltstädtischen Flair und seine Repräsentanten zwar verachteten und bekämpften, nutzten sie die Stadt insbesondere während der Olympischen Spiele doch als Aushängeschild. Als Wirtschaftszentrum, in dem neben Weltfirmen tausende mittlere und kleine Gewerbebetriebe ansässig waren, war die Stadt einerseits potentieller Rüstungsstandort ersten Ranges, andererseits aber auch eine „Arbeiterhochburg“. Als jüdische Met-ropole war Berlin nicht nur in besonderer Weise von den Maßnahmen der Judenverfolgung betroffen, sondern bot auch Möglichkeiten jüdischer Selbstbehauptung, die andernorts undenkbar waren. Ebenso wurden andere Gruppen wie Roma und Sinti im nationalsozialistischen Berlin verfolgt.
Wie haben die Nationalsozialisten die Macht im „roten Berlin“ erobert und durchgesetzt? Wie grub sich gewissermaßen Nationalsozialismus in die Stadt ein? In welchen Bereichen gesellschaftlichen Lebens gelang es Nationalsozialisten, politische Schaltpositionen und Deutungsmacht zu erringen? Wo verblieben Nischen? Wie reagierten die „Volksgenossen“ auf die Ausgrenzung großer Teile der Stadtbevölkerung? Wie wirkte sich der Krieg, wie wirkten sich Bombardement und Zwangsarbeit schließlich auf das Leben in der Stadt aus?
Diesen Fragen wurde in dem Band „Berlin 1933-1945. Stadt und Gesellschaft im Nationalsozialismus“ nachgegangen,der im Januar 2013 im Siedler Verlag erschienen ist
Neben den Herausgebern werden sich vom Team des Lehrstuhls Deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert Eva Balz, Marc Buggeln, Stefan Hördler, Elisabeth Weber und Bjoern Weigel an dem Band beteiligen. Darüber hinaus konnten Christoph Bernhardt, Laurenz Demps, Christine Fischer-Defoy, Manfred Gailus, Wolf Gruner, Rüdiger Hachtmann, Klaus Hesse, Armin Nolzen, Cord Pagenstecher, Oliver Reschke, Thomas Schaarschmidt, Daniel Siemens und Johannes Tuchel für den Band gewonnen werden.