Tagung "Katholische Dunkelräume" (Oktober 2020)
Katholische Dunkelräume: Die Kirche und der sexuelle Missbrauch
Veranstalter
- Kommission für Zeitgeschichte e. V. (KfZG)
Konzept und Leitung
- Prof. Dr. Birgit Aschmann, Lehrstuhl für Europäische Geschichte des 19. Jahrhunderts, Humboldt-Universität zu Berlin
Tagungsort
- Universitätsclub Bonn
Datum
- 8. und 9. Oktober 2020
Tagungsankündigung
Vor zehn Jahren wurde der sexuelle Missbrauch am Berliner Canisius-Kolleg bekannt. Nach langen Jahren der Tabuisierung wird seitdem auch in Deutschland – wie zuvor in Irland, den USA oder den Niederlanden – über den sexuellen Missbrauch durch Repräsentanten der katholischen Kirche diskutiert. Mit der 2018 veröffentlichten MHG-Studie begann die wissenschaftliche Aufarbeitung, an der seitdem Vertreter verschiedener Disziplinen beteiligt sind. Die Tagung möchte erstens den bisherigen Erkenntnisstand aus den unterschiedlichen Fachgebieten zusammentragen. Daher kommen hier erstmals Historiker*innen, Theolog*innen, Pädagog*innen, Psycholog*innen und Jurist*innen zusammen, um über ihre Erfahrungen und Ergebnisse zu berichten. Zudem soll zweitens gemeinsam darüber nachgedacht werden, welche innerkirchlichen und gesellschaftlichen Bedingungsfaktoren, welche Persönlichkeitsmerkmale oder welche kontingenten Konstellationen das Fehlverhalten von Geistlichen ermöglichten. Schließlich soll drittens danach gefragt werden, welche Spezifika der sexuelle Missbrauch in der katholischen Kirche aufweist und inwieweit er in gesamtgesellschaftliche Phänomene eingeordnet werden muss. Schließlich soll die Tagung auch dazu dienen, die Möglichkeiten für die Kommission für Zeitgeschichte auszuloten, durch historiographische Aufklärung Licht in die katholischen Dunkelräume zu bringen.
Hinweise zur Anmeldung
- Anmeldung bis zum 15. September 2020.
- Die Teilnehmerzahl ist durch die coronabedingten Hygienevorschriften leider sehr begrenzt. Das ist gerade für diese Thematik, an der auch eine breitere Öffentlichkeit ein berechtigtes Interesse hat, überaus bedauerlich, aber durch die aktuellen Umstände nicht zu verändern. Da die wenigen zur Verfügung stehenden Plätze für die Teilnahme im Universitätsclub Bonn schnell vergeben sein werden, ist eine baldige Anmeldung ratsam. Alternativ gibt es immerhin die Möglichkeit, an der Tagung via Zoom teilzunehmen. Auch dafür ist eine Anmeldung erforderlich. Geben Sie bei der Anmeldung an, ob Sie persönlich oder online dabei sein möchten. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass eine spontane Teilnahme ohne vorherige Anmeldung leider ausgeschlossen ist. Eine Tagungsgebühr wird nicht erhoben.
- Sie erhalten nach Ihrer Anmeldung eine Bestätigung, ob eine persönliche oder digitale Teilnahme möglich ist, sowie gegebenenfalls die Zugangsdaten für eine Teilnahme via Zoom. Die gestreamten Inhalte unterliegen dem Urheberrecht! Eine Aufzeichnung und/oder Weiterverwendung (außer zum privaten Gebrauch), insbesondere im Internet, ist nicht erlaubt.
- Das Anmeldemanagement erfolgt über die KfZG. Hinweise zum Datenschutz entnehmen Sie bitte den Informationen auf der folgenden Anmeldeseite: https://www.kfzg.de/sonstige/anmeldung-veran-kfzg
Poster und Flyer
→ Flyer (mit Programm) als PDF
Programm
Donnerstag, 8. Oktober 2020
9.00–9.30 Uhr | Einführung
Birgit Aschmann (Berlin)
I. Aufmerksamkeitskonjunkturen in Öffentlichkeit und Geschichtswissenschaft
9.30–11.00 | Historiographie und Missbrauch
Moderation: Birgit Aschmann (Berlin)
Wilhelm Damberg (Bochum): Missbrauch. Die Geschichte eines internationalen Skandals
Thomas Großbölting (Hamburg): Sexueller Missbrauch und Pastoralmacht im deutschen Katholizismus, oder: Wie und warum sich die Grenzen des Sagbaren verschieben
11.00–11.30 | Kaffeepause
II. Missbrauch in Gesellschaft und Kirche. Bedingungsfaktoren in der Geschichte von Psychologie, Pädagogik und Recht
11.30–13.00 | Das Recht als Ermöglichungsraum?
Moderation: Andreas Holzem (Tübingen)
Frauke Rostalski (Köln): Blinde Justitia? Die Entdeckung des Missbrauchs in der Rechtspraxis
Myriam Wijlens (Erfurt): Das kanonische Recht und der sexuelle Missbrauch von Minderjährigen: Bestimmungen, Möglichkeiten und Grenzen seit der Mitte des 20. Jahrhunderts
14.30–16.00 | Pädagogik als Gefahrenzone?
Moderation: Nicole Priesching (Paderborn)
Sabine Andresen (Frankfurt am Main): Pädagogik als Gefahrenzone. Erkenntnisse aus Anhörungen mit Betroffenen sexueller Gewalt in der Kindheit
Peter Beer (München): Missbrauch an katholischen Schulen
16.00–16.30 | Kaffeepause
16.30–18.00 | Die Entwicklung des psychiatrischen Blickes auf Opfer und Täter
Moderation: Monika Wienfort (Berlin)
Jörg M. Fegert (Ulm): Veränderungen der Wahrnehmung und des Umgangs mit sexualisierter Gewalt an Kindern
Harald Dreßing (Mannheim): Missbrauch im deutschen Katholizismus aus psychiatrischer Sicht – Erkenntnisse der MHG-Studie
Abendveranstaltung gemeinsam mit dem Universitätsclub Bonn
Begrüßung durch den Vorsitzenden des Uniclubs Prof. Dr. Günther Schulz
19.00 | Kurzvorträge mit Podiumsdiskussion
Moderation: Daniel Deckers, FAZ
Marion Westpfahl (München): Einblicke einer Anwältin
Hans Zollner SJ (Rom): Mentalitätsgeschichtliche Betrachtungen zum Missbrauch in der katholischen Kirche
Diskussion mit:
Stephan Ackermann (Trier), Bischof von Trier, Missbrauchsbeauftragter der DBK
Myriam Wijlens (Erfurt), Kirchenrechtlerin, Mitglied der päpstlichen Kinderschutzkommission
Martin Schmitz (Rhede), Betroffener
Marion Westpfahl (München), Rechtsanwältin
Hans Zollner SJ (Rom), Präsident des Centre for Child Protection (CCP) der Päpstlichen Universität Gregoriana (PUG)
Freitag, 9. Oktober 2020
III. Clios Kompetenz. Die Geschichtswissenschaft und die Aufarbeitung des „katholischen Propriums“ des Missbrauchs
9.00–10.00 | Die Vorgeschichte: Missbrauch im Nationalsozialismus
Moderation: Martina Steber (München)
Dagmar Lieske (Frankfurt am Main): Sexueller Missbrauch von Kindern im Nationalsozialismus
Hans Günter Hockerts (München): Sittlichkeitsprozesse gegen Ordensangehörige und Priester in der NS-Zeit
10.00–10.30 | Kaffeepause
10.30–12.30 | Aktuelle Aufarbeitungsprojekte und das Potential der Historiographie
Einführung und Moderation: Bernhard Löffler (Regensburg)
Fallbeispiele aus drei Diözesen
Dominik Burkard (Würzburg): Erzbistum Freiburg
Christine Hartig (Paderborn): Erzbistum Paderborn
Bernhard Frings (Münster): Bistum Münster
Thomas Scharf-Wrede (Hildesheim): Zugangsmöglichkeiten und Zugangsgrenzen in kirchlichen Archiven und Registraturen
Klaus Große Kracht (Münster): Was leistet der historiographische Ansatz?
12.30–13.00 | Abschlusskommentar
Birgit Aschmann (Berlin)