Humboldt-Universität zu Berlin - Lehrstuhl für Wissenschaftsgeschichte

M.A. Carla Seemann

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M.A. Carla Seemann
E-Mail
carla.seemann (at) uni-saarland.de

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Vita

Carla Seemann studierte von 2011–2015 Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft und Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der Freien Universität Berlin. Im Anschluss daran schloss sie 2019 Ihren Master in Kulturwissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin ab. Während ihres Masterstudiums war sie von 2018–2019 als studentische Hilfskraft am Lehrstuhl für Wissenschaftsgeschichte bei Prof. Dr. Anke te Heesen tätig und arbeitete von 2017–2019 als wissenschaftliche Hilfskraft im DFG-Projekt „Gedankenlesen als Kulturtechnik“ am Institut für Kulturwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin. Seit 2019 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Romanische und allgemeine Literatur- und Kulturwissenschaft der Universität des Saarlandes bei Prof. Dr. Markus Messling, der gemeinsam mit Prof. Dr. Anke te Heesen ihr Promotionsprojekt betreut.

 

Arbeitsschwerpunkte

  • Wissens- und Wissenschaftsgeschichte der Humanwissenschaften
  • Geschichte der (Frauen)friedensbewegung
  • Geschichte von Kindheit und Erziehung im 20. Jhd.
  • Wissenstransfer und Anwendungsbezüge sozialwissenschaftlichen und pädagogischen Wissens
  • Erinnerungskulturen

 

Forschungsprojekt

Frauen im Atomzeitalter. Friedenspolitik und Wissenschaft in der Bundesrepublik 1945–1979.

Bildnachweis: Archiv Soziale Bewegungen, Freiburg


Der „Friede“ war eines der Schlagworte, unter denen Frauenorganisationen in Deutschland ihr politisches Engagement nach 1945 kurzzeitig sammelten. Der Begriff brachte disparate Aktivitäten auf einen Nenner, die von der weiblichen Reproduktionsarbeit bis zu intellektuellen Auseinandersetzungen mit dem demokratischen Neubeginn reichen konnten. Damit war er gerade für Frauen, denen oft qua Natur eine besondere Verantwortung für den Frieden zugeschrieben wurde, ein ermöglichender Begriff, der gleichzeitig drohte, sie auf die Sphäre einer partikularen Frauenpolitik festzuschreiben. Wie funktionalisierten weibliche Akteurinnen den Frieden, um am Aufbau einer demokratischen Nachkriegsordnung mitzuwirken? Und wie veränderte sich ihre Bezugnahme auf den Begriff über die Bruchlinien des Kalten Krieges hinweg, in denen Pazifismus im Westen als „Kommunismus“ diskreditiert wurde?

Diese Fragen untersuche ich in meinem Promotionsprojekt entlang dreier mikrohistorischer Fallstudien, in der jeweils eine Frau im Zentrum steht: die Physikerinnen Freda Wuesthoff (1896–1956) und Clara von Simson (1897–1983) sowie die Psychotherapeutin Christel Küpper (1906–1995). Alle drei prägten ein Friedensverständnis, das die Frage eines nuklearen Krieges und seine Folgen ins Zentrum rückte. Unter Bezugnahme auf ihr Selbstverständnis als Wissenschaftlerinnen assoziierten sie Friede nicht mit Weiblichkeit oder Mütterlichkeit, sondern mit einem „kühlen Kopf“: eine neue Weltordnung sollte aus dem Geist der Wissenschaft geboren werden. Ihr Engagement für den Frieden ging mit dem Kampf um eine politische Partizipation von Frauen an der neu aufzubauenden Demokratie Hand in Hand und nahm zwischen 1945 und 1979 verschiedene Formen an: zwischen Frauenbewegung und Friedenspolitik beginnend, entwickelte es sich in den 1950er Jahren zu einer Frauen(friedens)politik und schlug sich Ende der 1950er Jahre als Friedensforschung nieder, die sich in den 1960er Jahren zur Friedenserziehung ausdifferenzierte.

Als Grenzgängerinnen zwischen Frauenbewegung, (Partei)politik und Wissenschaft stellten die untersuchten Akteurinnen zeittypische Geschlechterzuschreibungen und Rollenbilder auf die Probe und brachten Bereiche zusammen, die für ihre männlichen Zeitgenossen bis in die 1950er Jahre als unvereinbar galten. Als marginale Fälle machen sie damit größere Entwicklungen der Bundesrepublik greifbar: den Ort der Frauen in der westdeutschen Demokratie, deren Verhältnis zur Wissenschaft und die konfliktgeladene Geschichte des Terminus‘ „Frieden“ vom Kriegsende bis zum NATO-Doppelbeschluss.

 

Publikationen

  • 2024: Seemann, Carla. Am Anfang war das Fach. Konflikte um die Einführung des Ethikunterrichts in Bayern, 1946–1972. In Wähler, Josefine/Lorenz, Marco/Reh, Sabine/Scholz, Joachim Hg. Fachunterrichtsgeschichte(n). Studien zur Geschichte der Praxis des Fachunterrichts. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt: 94-111.
  • 2022: Laarmann, Mario/Fongang, Clément Ndé/Seemann, Carla/Vordermayer, Laura Hg. Reparation, Restitution, and the Politics of Memory – Towards a New Global Society? Berlin & Boston: DeGruyter.
  • 2021: Seemann, Carla. Diaries as "Soul Portraits"? Interpretation and Theorization of Adolescents' Self-Descriptions in the German-Speaking Youth Psychology of the 1920s and 1930s. NTM Zeitschrift für Geschichte der Wissenschaften, Technik und Medizin 29 (3): 319-345.
  • 2020: Schlicht, Laurens/Seemann, Carla/Kassung, Christian Hg. Mind Reading as a Cultural Practice. Basingstoke: Palgrave Macmillan.
  • 2020: Schlicht, Laurens/Seemann Carla. Introduction. In Schlicht, Laurens/Seemann, Carla/Kassung, Christian, Hg. Mind Reading as a Cultural Practice. Basingstoke: Palgrave Macmillan: 1-15.
  • 2020: Schlicht, Laurens/Seemann Carla. Schuld und Schuldigkeit der Wissenschaft. Franziska Baumgarten zum Verhältnis von Psychologie, Ethik und Nationalsozialismus. In Bachhiesl, Christian/Bachhiesl, Sonja Maria/Köchel, Stefan, Hg. Schuld. Interdisziplinäre Perspektiven auf ein Konstitutivum des Menschseins. Weilerswist: Velbrück: 92-129.
  • 2018: „Sie machten sich das Gerippe streitig“. Colette Peignot im Kontext des ‚Collège de Sociologieʽ. In Gehrlach, Andreas/Kimmich, Dorothee, Hg. Diebstahl! Zur Kulturgeschichte eines Gründungsmythos. Paderborn: Wilhelm Fink: 211-242.

Eine Übersicht und Texte als open access finden Sie hier.