Humboldt-Universität zu Berlin - Geschichte Osteuropas

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Eine Generation von Zeugen und Helden - Juden in der Roten Armee, 1939- 1953

 

Dissertationsprojekt von Norman Salusa

Betreuer: Prof. Dr. Jörg Baberowski

 

Das Forschungsprojekt geht der Frage nach, wie die Einwirkung und Auseinandersetzung mit der Gewalt des II. Weltkrieges das Zugehörigkeitsverständnis sowjetischer Juden nachhaltig verwandelt hat. Hierfür werden die Zeugnisse und Dokumente von einfachen Soldaten sowie Offizieren der Roten Armee aus Archiven aber auch veröffentlichten Quellen untersucht. Die zentrale Hypothese geht von der Annahme aus, dass durch die kriseninitiierenden Ereignisse des Krieges und Genozids eine soziale Generation herausgeformt wurde, die durch einen geteilten Erfahrungsraum geprägt wurde. Die Erlebnisse an der Front, im Hinterland oder in den Kriegsgefangenlagern verdichteten sich im Bewusstsein der uniformierten Juden in den Begriffen von Zeugenschaft und Heldentum. Zur Position des Zeugens gehörte die Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen nach der Befreiung der Vernichtungslager, die Pflicht an die Opfer zu Erinnern genauso wie das Verlangen nach Gerechtigkeit und „Wiedergutmachung“ in der Nachkriegszeit. Andererseits wurde während des Krieges insbesondere in Zeitungen, Reden, Büchern und Briefen von jüdischen Fürsprechern wie Ilja Ehrenburg versucht, Bilder von heldenhaften jüdischen Kämpfern zu verbreiten, um das weit verbreitete Stigma des „feigen Juden“ zu dekonstruieren. Dennoch zeigte sich anhand der Debatte um jüdische Einheiten innerhalb der Roten Armee, die jedoch nur eine Idee blieb, die starke Loyalität der sowjetischen Judenheit zu Partei und Staat. Erst mit dem Heraufziehen des Kalten Krieges und der Verfolgung „wurzelloser Kosmopoliten“ ab 1948 zerbrach die Allianz zwischen jüdischen Rotarmisten und Sowjetstaat, wodurch sich einige Generationsmitglieder zu Dissidenten oder Zionisten wandelten.