Humboldt-Universität zu Berlin - Südosteuropäische Geschichte

Nicole Immig

"Zwischen Emigration und Partizipation. Muslime in Griechenland 1878-1897"

 

Das Projekt beschäftigt sich mit der Situation von Muslimen in Griechenland im Zeitraum von 1878 bis 1897 und deren Beweggründe für eine Emigration in Provinzen des Osmanischen Reichs. Dazu nimmt die Arbeit die Region Arta und Thessalien im heutigen Mittelgriechenland in den Blick.

Die Provinzen Arta und Thessalien waren im Zuge der Verhandlungen zum Berliner Kongress im Vertrag von Konstantinopel im Mai 1881 dem griechischen Königreich angegliedert worden und enthielten große, teilweise kompakt siedelnde muslimische Bevölkerungsteile.  Die allgemeine Forschung vertritt - von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen - die Ansicht, die Muslime seien entweder direkt im Zuge der militärischen Übernahme der Regionen durch griechische Truppen und Verwaltung aus der Region geflüchtet oder kurz nach dem Herrschaftswechsel mittels politischer und gesellschaftlicher Druckmittel zu einer Emigration aus Griechenland gedrängt worden. Die im Rahmen dieses Projektes vorgenommenen Untersuchungen zeigen jedoch, dass Muslime sich trotz der Angliederung der Territorien an einen griechisch-christlichen Staat zunächst auch für einen Verbleib in der Region entschieden, ihnen neben der Abwanderung aus der Region also weitaus mehr Möglichkeiten zur Verfügung als bisher angenommen. Das Projekt analysiert erstmals die politische, gesellschaftliche und sozioökonomische Situation von Muslimen in Arta und Thessalien nach dem Herrschaftswechsel und blickt dabei auf unterschiedliche Ebenen politischer, gesellschaftlicher und sozioökonomischer Teilhabe im Zeitraum 1881 bis 1897. Zum einen soll hierbei der Frage nach gegangen werden, ob, und wenn ja, inwieweit und auf welche Art und Weise Muslime nach 1881 in Arta und Thessalien an Politik, Wirtschaft und Gesellschaft partizipierten. Zum anderen sollen Annahmen der Forschung überprüft werden, die davon ausgehen, die Gründe für die Emigration der muslimischen Bevölkerung aus der Region seien ausschließlich in ethnisch-religiös motivierten Konflikten zu suchen. Dazu sollen sowohl die lokale und regionale als auch die staatliche Ebene in Betracht gezogen werden. Die Arbeit basiert auf Untersuchungen von diplomatischen Akten unterschiedlicher Provenienz, darunter des griechischen und britischen Außenministeriums, der lokalen, regionalen und der griechischen Hauptstadtpresse sowie von Verwaltungsakten aus den unterschiedlichen Lokalarchiven in Arta und Thessalien. Hinzugezogen wurden u.a. zahlreiche Notariatsakten sowie Reiseberichte aus der Region.

Diverse Forschungsaufenthalte wurden durch ein Marie-Curie Stipendium im Rahmen des Programmes "European Doctorate in the Social History of Europe and the Mediterranean" gefördert.