Humboldt-Universität zu Berlin - Südosteuropäische Geschichte

Boris Stamenić

Sinjska Alka.  

Das politische Leben eines Ritterspiels.

 

Der Forschungsgegenstand des Promotionsvorhabens besteht in der politischen Geschichte des Ritterspiels Sinjska alka, das seit dem 18. Jahrhundert in der dalmatinischen Stadt Sinj veranstaltet wird. Das Politische bezieht sich dabei auf die Prozesse der Erfindung, der Adaption und der ideologischen Umdeutung einer lokalen Tradition, sowie auf die politischen Absichten, die mittels kultureller Inszenierung vermittelt werden. Der ursprünglichen geschichtspolitischen Funktion von Sinjska alka – der Erinnerung an den Militärsieg gegen die Osmanen von 1715 – wurden während des 19. und 20. Jahrhunderts weitere, daran anknüpfende Erinnerungscodes hinzugefügt (und später teilweise entnommen): der Geburtstag des jeweils herrschenden österreichischen Kaisers, die Legende der Marienerscheinung in der Schlacht von 1715, der anti-faschistische Kampf (1941-1945) sowie der Kroatienkrieg (1991-1995). Darüber hinaus vermittelt(e) Sinjska alka abwechselnde politische Absichten unterschiedlicher Machthaber, aber auch die Ziele und Ansprüche lokaler Traditionsträger gegenüber der Zentralmacht. Als eine Art der zäsurenübergreifenden symbolischen Anerkennung zwischen den staatlichen und den lokalen Akteuren findet das Ringreiten von Sinj nahezu kontinuierliche Beachtung bei Vertretern politischer Macht, trotz aller Herrschaftsdiskontinuitäten in Dalmatien. Die symbolpolitischen (Um)Kodierungen des jährlich stattfindenden Ritterspiels, die Veränderungen der begleitenden Zeremonie sowie die öffentlichen Auftritte kostümierter Ritter außerhalb von Sinj spiegeln die Entwicklung der politischen Legitimation mittels kultureller Inszenierung vom 18. bis ins 21. Jahrhundert wider.

Sinjska alka wird in der Dissertation mit drei weiteren Beispielen aus dem östlichen Adriaraum asymmetrisch verglichen. Ebenso wie bei den Alkaren aus Sinj steht bei Bokeljska mornarica,  Moreška und Ansambli Folklorik I Rugoves die performative Anwendung vormoderner bzw. frühmoderner Waffenstücke im Vordergrund. Die drei Beispiele dienen als zusätzliche Indikatoren für den politischen Gebrauch der lokalspezifischen Waffenrituale und tragen daher zum besseren Verständnis der politischen Geschichte von Sinjska alka bei.

Die Promotionsforschung wird durch ein Stipendium der Rosa-Luxemburg-Stiftung gefördert.

 

rls